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Textprobe Band I

 

A- Baugrundlagen

Wenn sich heutzutage ein Paddler gedrängt fühlt, einer bohrenden Lust nachzugeben und sich ein Faltboot selbst zu bauen, dann steht meist dei Sehnsucht nach einem bestimmten, außergewöhnlichen Boot dahinter, denn “normale” Faltboote gibts ja nach wie vor zu kaufen, wenn auch nicht mehr in der verschwenderischen Fülle der Fünfziger Jahre. Unter normalen Faltbooten verstehe ich solche von 65 cm Breite und 4,50 m Länge für ein einsitziges Boot, und 80 bis 90 cm Breite und 5,20 m Länge für ein zweisitziges Boot. Die Seitenhöhen sind sportliche Belangen angemessen, die Sitzluken nach wie vor riesig. Diese Art von Faltbooten ist lange bewährt, sie können unglaubliche Mengen an Fahrtengepäck schlucken, liegen einigermaßen sicher im Wasser, ihr Aufbau läßt sich mit nur mäßigen Schwierigkeiten bewerkstelligen und es spricht eigentlich überhaupt nichts gegen sie. Und wie gesagt, es gibt sie zur Zeit in gutsortierten Wassersportgeschäften zu kaufen, wobei Erzeugnisse von einheimischen, von französischen, amerikanischen und kanadischen Werften zur Verfügung stehen, sodaß außer der Last der Auswahl keinerlei eigene Mühewaltung entsteht.Und neuerdings (1996) hat sich sogar ergeben, daß zwei Werften, eine deutsche und eine kanadische, nämlich Pouch und Feathercraft, wieder faltbare Eskimokajaks anbieten. Und doch ... manche tragen ein besonderes Wunschbild in sich, das zuerst leise bohrend, dann immer dringlicher sich gebärdend, zuletzt alle Gedanken ausfüllend, gänzlich unausrottbar, energisch nach Verwirklichung verlangt. In meinem Fall war es der Eskimokajak. Doch ganz gleich, welches Wunschbild von einem Besitz genommen hat, es erhebt sich die Frage, wie und woher man die nötigen Bauunterlagen bekommt.

 

A-1 Faltbootnachbau

Die verschiedensten Möglichkeiten sind denkbar. Zunächst einmal der Nachbau eines vorhandenen Faltbootes, das die Begehrlichkeit erweckt hatte. Hier ist alles einfach, die Längsteile werden genau vermessen, verbindende Bohrungen festgehalten, Beschläge nachgebaut oder sinngemäß nachempfunden. Die Spanten wird man auf kleine Klötze lagern, damit sie trotz hervostehender Beschläge genau waagerecht über einem großen Blatt Zeichenpapier zu liegen kommen. Nun werden genau senkrecht, am Besten unter Hilfenahme eines rechten Winkels, mit einer Reißnadel alle wichtigen Punkte der Außen- und Innenkontur auf das Papier übertragen und mit Bleistift ausgezogen. Mit den Stevenblättern verfährt man genauso, und damit hat man sich alles Nötige verschafft.

 

A-2 Bau nach Plan

Liegt ein echter Bauplan vor, so richtig mit sämtlichen Details und für alle, auch kleinsten Teile, genaue Bezeichnungen, dann kann auch in diesem Falle der Bau problemlos beginnen. Doch meistens gibt es vom Wunschboot keinen fertigen Bauplan, sondern allerhöchstens einen Riß.

 

A-3 Bau nach Riss

Mit Hilfe von Bootsrissen läßt sich der Schiffskörper erkennungssicher darstellen. Drei verschiedene Ansichten sind dazu notwendig. Die eine Ansicht, der Längsriß, zeigt die Bootsform der Länge nach und zwar von der Seite gesehen. Kielsprung, Decksprung, Stevenform, Seitenhöhe sind daraus ersichtlich. Der Aufriß zeigt das Boot in Draufsicht, sodaß man sich ein gutes Bild vom Deckverlauf machen kann. Werden zwischen Verdeck und Kiel noch mehrere waagerechte Schnitte gelegt, und deren Linien nachgezogen, dann wird der Aufriß zum Wasserlinienriß. Der Spantriß endlich zeigt den Bootskörper in verschiedenen Querschnitten, wobei der Hauptspant = der umfangreichste Spant, ganz aufgezeichnet ist, die folgenden Spanten von ihm weg zum Bug hin, dann auf der rechten Seite der Mittellinie, also zur Hälfte gezeichnet, erscheinen, und die Spanten des Hinterschiffes sinngemäß auf der linken Seite der Mittellinie zu finden sind.

Linienrisse, die ja bei der Konstruktion des Schiffes am Reißbrett entstehen, dienen nur zur Beschreibung der entstandenen Bootsform. Damit diese Beschreibung möglichst genau wird, legt der Konstrukteur eine Vielzahl von Schnitten in die beschriebenen Ebenen, aber wenn dann der entworfene Bootsrumpf tatsächlich gebaut werden soll, dann muß aus diesen Rissen erst noch die Bauzeichnung gewonnen werden, aus der dann hervorgeht, an welcher Stelle welche Spanten stehen sollen, oder in welcher Weise der Kiel gefügt werden muß und überhaupt alle Baueinzelheiten auszuführen sind.

Auch von den Eskimokajaks, die wir früher bauten, kursierten nur Risse, die sich aber von den rein beschreibenden Linienrissen eines Konstrukteurs etwas unterschieden: Im Spantriß nämlich erschienen nur die Spantumrisse, die den tatsächlich zu bauenden Spanten entsprachen. Und im Längsriß waren die eingezeichneten Längslinien der echte Kiel und die echten Bordleisten und die tatsächlich einzubauenden Senten. Es waren sozusagen Linienrisse, die ohne Schwierigkeiten in Bauzeichnungen verwandelt werden konnten.

Was ist also zu tun, wenn einem ein solcher Bootsriß, meistens im Maßstab 1:5 für Längs- und Aufriß und 1:1 für die Spanten vorliegt? Zur Sicherheit muß man sich als Erstes mit Hilfe des Längs- und Aufrisses und der darin enthaltenen Maßketten vergewissern, ob die hier als einfache Trennstriche erscheinenden Spanten den tatsächlich im Spantriß festgethaltenen Bauspanten entsprechen.

Anpassung des Kajaks an unsere eigene Person: Wir wenden unsere besondere Aufmerksamkeit auf den Spant, der in der Gegend unserer Füsse zu liegen kommt, wenn wir im Boot sitzen. Es ist bei Eskimokajaks mit 11 Spanten meistens die Nummer 4. Wir messen unser eigenenes Gebein im Sitzen mit durchgestreckten Knien vom Steißbein bis zu den Fersen. Dieses Maß bringen wir in Überseinstimmung mit dem Maßstab des Längsrisses. Dann bringen wir es zwischen vorderem und hinterem Hauptspant, also in der Sitzluke, in deren hinteren Drittel, wo man ungefähr seinen Sitzplatz findet, in Kielhöhe zum Anschlag und legen es ins Vorschiff. Der oben erwähnte Spant solte nun so liegen, daß ihn die Meßlatte gerade so locker erreicht. Steht er näher zur Mitte hin, so müssen wir ihn in Richtung Vorschiff rücken, weil nämlich sonst unsere Füsse, wenn wir im Boot sitzen, gerade noch durch den Spant hindurch reichen und mit der Achillessehne auf dem Spantunterteil aufliegen. Und das tut schon nach fünf Minuten jämmerlich weh.

Anschließend müssen wir den nun leicht veränderten Spantumriß im Spantriß neu einzeichnen. Wer das zeichnerisch nicht lösen kann, sägt diesen Spanten später beim Bootsbau provisorisch aus Spanplatte oder starkem Pappdeckel voll aus und stellt ihn bei der Montage der Spanten auf den Kiel and den ursprünglich vorgesehenen Platz, rückt ihn dan dorthin, wo es die Länge seiner Beine erfordert, und arbeitet ihn durch Peilen mit Bordleisten und Senten zur richtigen straken Form. Diese wird anschließend auf das endgültige Baumaterial übertragen.

 

Textprobe Band II

 

Steffen Kiesner-Barth: „Von der Inspiration zur Tat“ - ein paar Gedanken voraus:

„Eskimokajak auf Gebirgsflüssen“ – welch faszinierender Buchtitel! Das Lesebuch für Selbstbauer von Faltbooten wurde in der „Faltbootselbstbauszene“ uneingeschränkt begrüßt, in den höchsten Tönen gewürdigt und nicht selten hymnisch verklärt. Es schien so, als ob die Kajakselbstbauer diese „kleine Schrift“ – wie sie Lorenz auf der ersten Seite bescheiden nennt – buchstäblich erwartet gehabt hätten. Mayrs Werk inspirierte zahlreiche Paddler, eigenständig Boote zu bauen und wurde zur uneingeschränkten „Bibel“ der modernen Selbstbauerszene. Lorenz Mayr weckte mit seinem Werk die große Sehnsucht nach dem reinrassigen Faltkajak. Er verstand es, mit seinem Text und seiner Schreibweise nicht nur abstrakte technische Begeisterung hervorzurufen, sondern vielmehr Emotionen und Gefühle im Herzen des Faltbootpaddlers anzusprechen und zu fördern.  Seine eigene Begeisterung für den Eskimokajak wirkt ansteckend, der man sich – einmal davon befallen – kaum entziehen kann. Unabhängig voneinander entstanden neue schlanke und rassige Faltkajaks und seine Anleitung zum Haut nähen ließ auch zahlreiche jahrzehnte ungenutzt liegende Faltboote neu auferstehen. Das ist das Verdienst von Lorenz Mayr und seiner „kleinen Schrift“. Im folgenden Praxisteil sollen deshalb Selbstbauberichte vorgestellt, Erfahrungen &  Bautipps weitergeben und  konkrete Einzelthemen diskutiert werden. Die nachfolgend vorgestellten Beiträge führen die Schrift von Lorenz Mayr gedanklich weiter, geben interessante Anregungen zum Selbstbauen bzw. Haut nähen und helfen bei der systematischen Lösung von einzelnen, aber gewichtigen Entscheidungen im Bauprozess.  Spannende historische Episoden und Erinnerungen bereichern den praktischen Teil mit persönlich geprägten  Erinnerungen, die etwas davon erahnen lassen, wie die Faszination „Eskimokajak“ in der Nachkriegszeit zahlreiche Paddlerherzen beherrschte. Insofern wird mit diesem Praxisteil der innere Drang nach dem eigenen selbstgebauten Boot befördert und das Werk von Lorenz Mayr entsprechend gewürdigt.

Aber Vorsicht- es besteht Suchtgefahr!

 

 

Peter John: Zwei Falteskis, für deren Bau Lorenz Mayrs Buch eine unschätzbare Hilfe waren

Mein erster Faltkajak - Selbstbau entstand nach einem etwas veränderten Slanar – Riss, dem „Delphin“, aus dem vorliegenden Lesebuch von Lorenz Mayr. Das Boot hatte dampfgebogene, aus zwei Schichten verleimte Spanten und war im wesentlichen nach den Beschreibungen aus dem Lesebuch gebaut. Da ich für die Längsversteifungen keine störenden Schrägstäbe im Bootsinneren wollte, verwendete ich seitliche Unterzüge wie im „Wieser – Kajak“, was sich eigentlich gut bewährte. Leider fiel das Boot in der Nacht nach einer Vogalonga (das ist die jährlich in Venedig stattfindende Regatta für geruderte und gepaddelte Boote aller Größen und Herkunft) einem Vandalenakt zum Opfer, so dass ich bald „gezwungen“ war, ein weiteres Faltkajak auf Kiel zu legen, das ich hier näher vorstellen möchte:

Länge ca. 570 cm
Breite: 54 cm
Höhe hinter der Luke: 20cm
Höhe vor der Luke: 27 cm
Luke 40 cm mal 60cm
Seitenhöhe der Bordleiste im Lukenbereich: 18 cm
6 Spanten; 2 Hilfsspanten im Bug- u. Heckbereich.
Gewicht ca. 18 kg

Das Boot ist ein Knickspanter nach - am ehsten - südgrönländischem Vorbild. Die Spanten sind an Kiel und Decksstab fix verschraubt und drehbar. Die Bordleisten und Senten sind mit Brettchen verbunden, in die einerseits die Spanten mittels eines Riegelverschlusses eingreifen, die andererseits dem Boot enorme Steifigkeit verleihen, ohne das irgendwelche zusätzlichen Innenverstrebungen notwendig wären. Bordleiste und Senten bilden also 8 "Leitern", Spanten, Kiel und Deckfirststab die restlichen 4 Elemente. Verbunden sind die Leisten mittels Messing-U Profilen und Flügelschrauben. Zum Transport werden die Spanten in die vertikale Längs – Symmetrieebene gedreht. 
Der Aufbau ist eigentlich recht einfach: Die beiden Gerüsthälften werden durch die Luke in die Haut eingeschoben, mittels des üblichen „Spannkiels“ (siehe Lorenz Mayr) wird der Kiel gespannt, dann werden die Bordleisten und Senten verbunden. Nun werden die 2 Mittelspanten in die korrekte Position gedreht und damit wird die Endspannung erzielt.                 In der Bug- bzw. Heckspitze sind Tothölzer mit den von außen angeschraubten Holzkugeln, dadurch lässt sich die Gerüsthälfte beim Abbau völlig problemlos ein kleines Stück zur Mitte hebeln und von der Haut lösen.

Zu den Materialien:
Längsteile: Kiefer (Grund: 1. Gewichtsersparnis; 2. größere Biegesteifigkeit gegenüber Esche, dadurch neigen die Bordleisten nicht so sehr zum Knicken im Bereich der Spanten, die Bordleiste hält besser eine "strakende" Linie, 3. bessere Wasserwiderstandsfähigkeit).                                                                 

Querschnittsdimensionen: Bordleisten, Senten: 18 / 18 mm; Kiel 23 / 23 mm,                            Steven 18 / 36 mm .                                                                                                                             Verbindungsbrettchen Senten – Bordleisten: Marinesperrholz 6 mm                                              

Spanten: Marinesperrholz 16 mm, die beiden Mittelspanten sind aus Eiche massiv, mit Schlitz-  und Zapfenverbindungen, ich wollte eine möglichst große Innenlichte zum Einladen etwaigen kleinen Gepäcks erzielen. Da auch der "Masik" (das Knieholz bei Spant 3) sehr dünn ist, habe ich zwei Schrägstäbe vor der Luke als Schenkelstützen eingebaut. Der Süllrand besteht aus einer Hauttasche, in die formverleimte Halbkreisbogensegmente eingeschoben werden, ganz nach Slanar/Mayrschem Vorbild.
Das Unterschiff besteht aus PVC-Plane, ca. 800g/m2, das Deck aus Markisenstoff, ein BW-Mischgewebe.

 

Zum Hautnähen:                                                                                                                

Natürlich bin ich auch hier den Anleitungen von Lorenz Mayr gefolgt, meine Erfahrungen sollen als Ergänzung dienen. Bei der Verwendung von Hautmaterial mit Kunststoffträgergewebe kommt man ja ohne Längsnähte im Unterschiff keinesfalls aus, will man eine faltenfreie Haut erzielen. Ob es immer eine Kielnaht ist, hängt auch von der Unterschiffform ab. Beim hier beschriebenen Boot liegen die Nähte entlang der Senten, das Unterschiff ist also aus drei Teilen zusammengesetzt. Ich nehme ein grobes Schnittmuster aus Packpapier ab, schneide die Teile mit Überstand zu und verklebe sie, ca. 1,5 cm überlappend, am Gerüst, mit nur wenig Klebstoff (UHU- Kraft), das ist praktisch das Zusammenheften. Das muss keinesfalls dicht sein, die Dichtigkeit wird erst am Ende durch das Aufkleben von Kielstreifen erzielt. Die  Stevenlinie zeichne ich  an und hefte sie mit Heftklammern (Bürobedarf). Dann nehme ich das Ganze wieder ab, vernähe mit der Maschine die Klebestellen und die Steven. Dabei verkürze ich die Hautlänge gegenüber der angezeichneten um ein paar Zentimeter, um mehr Spannung zu erzielen, hier ist etwas Gefühl erforderlich. Nun spanne ich das Gerüst wieder in das Unterschiff. Unter Umständen muß nun die Längsspannung an der Stevennaht nachkorrigiert werden.

Das Anbringen von Löchern und Ösen zu Abspannen für das Anzeichnen der Bordleistennaht erspare ich mir mittlerweile. Ich klebe Malerkreppband über die Kante der Bordleiste (wichtig, sonst hält das Klebeband nicht genügend) und spanne dann mittels der Klebestreifen zum Deckfirststab hin. Man braucht nicht viel Spannung, besonders in der Mitte zwischen den Spanten und im Bereich der Luke sollte man locker spannen, da sonst am fertig bezogenen Boot die Bordleiste zwischen den Spanten eingedrückt wird, bzw. der Nahtverlauf im Lukenbereich Richtung Kiel gezogen wird. Nach dem Anzeichen entlang der Bordleiste erhält man eine unterbrochene Linie, die man nach dem Abnehmen der Haut und dem Entfernen der Klebestreifen leicht durchzeichnen kann. Das Anzeichen der Spantpositionen nicht vergessen! Genauso zeichne ich das Deck an, ich spanne zu den Senten hin ab. Zusammengeheftet werden Unterschiff und Deck wieder mit Büroklammern, so weit von der Nahtmarkierung entfernt, dass man am Nähmaschinenfuß vorbeikommt. Dann verfahre ich weiter wie von Lorenz Mayr beschrieben.

Zum Fahrverhalten ist noch zu sagen, dass das Boot eine hohe Anfangsstabilität hat, auch die Endstabilität empfinde ich als ausreichend. Es ist leicht luvgierig und reagiert auf Strömungsverschneidungslinien. Reflexionswellen, Kabbelwasser oft unerwartet heftig. Das soll aber grundsätzlich eine Eigenschaft von Knickspantbooten sein und auch vom Winkel der Bordwand abhängen. Ich hatte Gelegenheit, ein starres, von Rudi Cooijmans (Kiel) erbautes Grönlandkajak mit flachem Bordwandwinkel (45°) Probe zu paddeln, dieses Kajak erschien mir diesbezüglich angenehmer.

Aber das sind eigentlich schon Überlegungen für das nächste Projekt; somit bleibt nur – oft zitiert – „nach dem Bootsbau ist vor dem Bootsbau“….

 

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